Studenten mit Behinderungen sind häufig bei der Wahl ihres Praktikums und ihrer Unterkunft eingeschränkt. Je nach Studienfach werden aber häufig Praktikumsnachweise verlangt. Für die Studierenden mit besonderen Bedürfnissen ist es ohnehin schon schwierig einen geeigneten Praktikumsplatz zu finden, vor allem wenn man gerne einen Auslandsaufenthalt damit verknüpfen möchte. Bei guter Recherche und Vorbereitung ist aber auch der Traum des Auslandspraktikums machbar. Lassen Sie sich von den Hürden bloß nicht entmutigen.
Praktikum im Ausland: Wie klappt es?
Ein Auslandsaufenthalt kann die Chancen auf einen Arbeitsplatz für behinderte Schüler oder Studenten erhöhen. Doch die Hürden sind höher, als bei Menschen ohne Handicap. Das EU-Programm „IdA II, kurz: Integration durch Austausch“ eröffnet Menschen mit Behinderungen eine weitere Option, die eigenen Karrierechancen zu erhöhen. Durch ein Praktikum im Ausland kann das eigene Portfolio verbessert und die Zukunft optimal gestaltet werden. Im Rahmen eines Praktikums erweitert man seinen Horizont und findet leichter in den Beruf: Arbeitserfahrung im Ausland peppt nicht nur den Lebenslauf auf, sie signalisiert auch Offenheit, Mut und Engagement. Viele Studenten profitieren von einem solch einmaligen Erlebnis, in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung. Menschen mit Behinderung haben vielfältige Möglichkeiten im Ausland zu arbeiten. Je nach Einschränkung bzw. Handicap gilt es aber, bestimmte Faktoren zu beachten:
- barrierefreie Unterkunft
- barrierefreier Arbeits- und Praktikumsplatz
- medizinische Versorgung
- Auslandskrankenversicherung
- gegebenenfalls Assistenz / Betreuung
Da alle aufgezählten Faktoren sowie die Finanzierung des Auslandsaufenthaltes (häufig deckt das Praktikantengehalt nicht die Kosten)eine unerwartet große Hürde bilden, bleibt dieser Studenten und Schülern mit Behinderung häufig verwehrt. Die EU hat sich vermehrt dafür eingesetzt, dass benachteiligten Menschen ein Auslandsaufenthalt in Form eines Praktikums ermöglicht wird. Im Jahr 2010 rief sie das Programm IdA II – Integration durch Austausch ins Leben. Das Programm wendet sich in erster Linie an Schüler, Studenten und Abiturienten mit besonderen Bedürfnissen jeden Alters, die auf Jobsuche sind. Im Gegensatz zu seinem Schwestermodell IdA I, welches benachteiligte Jugendliche und Erwachsene ohne Behinderung unterstützt ein Auslandspraktikum zu absolvieren, erhebt das IdA II keine Altersbegrenzung. 4000 Menschen mit Behinderung haben so jedes Jahr die Möglichkeit von den Europäischen Sozialfonds und dem Bundesministeriums für Soziales und Arbeit gefördert zu werden.
Barrierefreiheit auf ganzer Linie
Seit 2011 legten Projektverbände vermehrt Wert auf die Planung, Durchführung und Organisation von Praktikumsangeboten im europäischen Ausland. Sie kooperieren mit Partnern oder Unternehmen und begleiten die Schüler oder Studenten während des gesamten Praktikums, Trainings oder Jobcamps für ein bis sechs Monate. Integration als Autausch versteht sich als Antriebsmotor und Unterstützer für den Einstieg in die Berufswelt. Auf eine Zusammenarbeit mit den Agenturen für Arbeit, Jobcentern, Rehabilitationsangeboten und Verbänden wird großen Wert gelegt, um den betroffenen Menschen mit Behinderung ein umfassendes Angebot für und während ihres Auslandsaufenthaltes zu gewährleisten.
Förderung bzw. Finanzierung
Der Begriff der Förderung ist ja immer ein wenig offen. Tatsächlich bietet das IdA-Programm die Möglichkeit, die Kosten unter bestimmten Voraussetzungen voll zu decken: von der Bereitstellung einer entsprechenden barrierefreien Unterkunft bis zur Finanzierung für Transportkosten oder das Aufkommen für eine oder mehrere Assistenzen vor Ort. Voraussetzung für eine solche Vollübernahme durch das EU-Programm ist, dass Menschen mit Behinderung auf der Suche nach Arbeit oder einem Ausbildungsplatz durch das Auslandspraktikum ihre Karrierechancen erhöhen können. Wer die Voraussetzungen für eine umfassend abdeckende Förderung nicht erhält, hat durchaus noch andere Möglichkeiten sich den Auslandsaufenthalt zu finanzieren. Neben dem eigentlichen Praktikantengehalt können Studenten ein sogenanntes Auslandsbafög beantragen, auch wenn sie in Deutschland keines beziehen. Voraussetzung sind die höheren Kosten im Ausland. Es wird allerdings erst bei einem Auslandsaufenthalt ab 12 Wochen gewährleistet und muss in der Regel sechs Monate vor Praktikumsantritt beantragt werden. Daneben bilden Stipendien für Studierende mit Behinderungen eine weitere Möglichkeit ihr Auslandspraktikum zu finanzieren. Abhilfe verschaffen hier der DAAD oder das ERASMUS+-Programm. Dabei werden Sonderfördermittel bereitsgestellt, die Kosten decken, die durch Stipendien oder Auslandsbafög nicht abgedeckt sind. Für Praktikumsaufenthalte in Europa nutzen Studierende besonders gerne das ERASMUS+-Programm. Der potenzielle Arbeitgeber hat hier eine Kooperationsvereinbarung mit ERASMUS geschlossen. Studierende können für Praktikumsaufenthalte, die sie im Rahmen von Erasmus durchführen, Sonderfördermittel für Mehrkosten beantragen. Mehrkosten können sein:
- barrierefreie Unterkunft
- Transportkosten; An- und Abreise
- zusätzliche Unterkunft für eine Assistenz
- Hilfen am Praktikumsplatz
- ungedeckte medizinische Betreuungsleistungen
Antragsberechtigt sind alle Studenten, die eine Behinderung von mindestens 50 % haben.
Krankenversicherung
Ein Auslandspraktikum wird in der Regel über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten absolviert. Da Sie im Ausland arbeiten, wird hier auch eine Auslandskrankenversicherung nötig. Sind Sie nicht über den jeweiligen Arbeitgeber versichert, ist es zwingend notwendig sich selbst um eine Versicherung zu kümmern. die Höhe des Betrags hängt dabei von der Länge des Praktikums und dem jeweiligen Land ab. In EU-Ländern unterscheiden sich die Bestimmungen zum nicht-europäischen Ausland. Die Höhe des Beitragssatzes hängt außerdem von den erwünschten Zusatzleistungen im Ausland ab. In der Regel müssen medizinische Kosten im Bedarsfall zuerst selbst getragen werden, bis sie von der Krankenkasse zurückerstattet werden. Für solche Fälle ist es ratsam finanzielle Rücklagen zu bilden.
Vom Antrag bis zum Praktikum – der Ablauf
Wer am IdA-Programm teilnehmen will, wendet sich mit schriftlicher Bewerbung an einen Träger im entsprechenden Bundesland. Auf die 14 Bundesländer verteilen sich in etwa 45 Organisationen, die mit 20 Mitgliedsstaaten im europäischen Ausland kooperieren. Normalerweise unterstützen die Organisationen in Deutschland die Praktikanten bei Vorbereitung und Reflexion. Beispielsweise ermöglichen sie den betreffenden Personen einen vorbereitenden Sprach- oder Benimmkurs des jeweiligen Gastlandes. Während des Auslandspraktikums fungieren sie zudem als stiller Ansprechpratner im Hintergrund und stehen für alle Belange zur Verfügung. Auch vor Ort stehen den Praktikanten Partner der Organisationen als Kontaktperson zur Seite, um etwaige Hilfestellung zu leisten. Individueller Unterstützungsbedarf, Transportmöglichkeiten und eine mögliche Arbeitsbelastung stehen hier im Fokus.
Mögliche Hürden
Da noch nicht alle Organisationen und Partnerschaften erprobt sind, kann es natürlich hier und da noch zu Problemen kommen. Es kann durchaus sein, dass die Bedingungen vor Ort dann doch nicht den eigenen Erwartungen entsprechenden. Im Zweifelsfall können aber sowohl barrierefreie Unterkünfte der Behinderung angepasst und Praktikumsplätze im Notfall auch gewechselt werden. Hat man erst einmal den ersten Anlauf genommen und die bürokratischen Formalitäten hinter sich gebracht, ist das Auslandspraktikum auf jeden Fall eine tolle Möglichkeit die Karrierechancen zu verbessern und den eigenen Horizont zu erweitern.